, Beyer, Anja Saskia Himbeersommer 

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der weit unter dreißig ist!
 Ich bin s, Nora.
 Es hat keinen Sinn zu flüchten , sagt er und trifft damit den
Punkt.
Ich werde blass und höre das Klappern von Tassen im
Hintergrund.
Ich habe von der Frucht der Versuchung genascht und muss
nun damit leben.
 Ich komm zu dir auf die Baustelle. Er klingt sehr
entschlossen.
 Bist du verrückt?! Auf keinen Fall.
 Aber ich muss dir was Wichtiges sagen.
 Das kannst du genauso gut am Telefon tun , versuche ich,
meine Stimme so gelassen klingen zu lassen, wie Joan Collins
damals im Denver-Clan, als sie mit einem jüngeren Lover tele-
fonierte. Und ich fühle mich mindestens so alt und so biestig
wie sie.
 Nein , Daniel klingt so aufgewühlt, als habe er gerade einen
Schatz gefunden. Aber offensichtlich will er nicht verraten,
unter welcher Palme er liegt.  Wo können wir uns sehen?
Ich überlege, und es fällt mir nichts ein. Mein Hirn ist in rosa
Zuckerwatte gepackt. Meine Synapsen verklebt.
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 Also gut. Du gibst eh nicht auf.
 Das hoffst du , entgegnet er lächelnd.
 Wie wäre es heute Abend? Ich höre mich reden und fühle
mich schlecht.
Was tue ich da? Heiligt der Zweck wirklich jedes Mittel? Die
Gefahr, mich unsterblich in Daniel zu verlieben, nur um ein
Kind mit Tobias zu bekommen, ist so groß wie & wie mein
Hintern auf dem unsäglichen Foto, das meine Mutter immer
noch an ihren Kühlschrank hängen hat. Wir waren damals auf
einem Ponyhof, ich war 17 und ich bin gerade auf ein Pony
gestiegen, das kleiner war als ich. Meine Mutter steht neben
mir. Sie selbst sieht in ihrem lila Flatterkleid umwerfend aus.
Ich hingegen wie eine Mischung aus Walross und Storch.
Was ziehe ich an? Meine jugendlichen Outfits habe ich bereits
durch und keine Lust mehr, mich zu verkleiden. Das Beste ist,
ich sage ab.
***
Es kommt, wie es kommen muss.
Daniel hat einen Rucksack dabei. Gefüllt mit den leckersten,
selbst gemachten Köstlichkeiten dieser Zwischenwelt.
Ich sterbe für eine gute Quiche, und ich habe immer geahnt:
Nora, das wird dir einmal zum Verhängnis.
Ich flüchte in ein kleines Café und erleichtere wenigstens
meine Blase. Meinem Gewissen hilft das nichts. Aber immer-
hin spüre ich eine angenehme Leere in mir.
 Ich habe etwas Wichtiges vergessen. Ich muss noch mal
schnell in den Supermarkt , Daniel geht bereits los. Und ich
folge ihm, wie in Trance.
Wir betreten den Supermarkt, als wäre er ein paralleles
Universum. Daniel steuert auf das Gewürzregal zu und findet,
was er sucht. Zimt. Eine Stange natürlich, nicht gemahlen.
 Wir hatten keinen mehr im Bistro, und an meinem Nachtisch
fehlt ein petit petit davon.
Wir lächeln uns an, unsere Hände berühren sich eine Mil-
lisekunde, als er mir den Zimt unter die Nase hält.
Ich sauge den Duft ein, schließe die Augen. Obwohl ich mich
mit aller Kraft dagegen sträube, schafft es Daniel, mich zum
Strahlen zu bringen. Die Pudel-Frisur-Kassiererin grinst mich
an.
 Hach, frisch verliebt is eenfach chici. Mir wird abwechselnd
heiß und kalt und ich glaube, ich werde zum ersten Mal nach
vielen Jahren rot wie eine Chili.
Was redet diese Frau da, es stimmt einfach nicht. Es ist hot,
aber mehr nicht!
.
Daniel hat alles mitbekommen  und gibt er mir demonstrativ
einen Kuss. In den Nacken, was mich schmelzen lässt.
Denn wenn ich eine besonders erogene Zone habe, dann ist es
dieser Bereich. Angefangen zwischen meinen Schultern, bis
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hoch zu meinem Haaransatz. Und Daniel scheint das intuitiv
zu ahnen.
Der Pudel-Frisur bleibt der Mund offen stehen.
 Respekt, mein neuer Lover is nich so knackig , flüstert sie mir
grinsend zu.
Ich muss unwillkürlich schmunzeln. Und mein Selbstbewusst-
sein steigt, auf einer Skala 1 bis 10, fast auf die 9. Was soll`s,
was die Leute denken, ich will nur ein Kind von ihm, mehr
nicht.
 Der Trend geht zum jüngeren Mann. Das hat mir Jacky noch
vor ein paar Wochen aus der Gala vorgelesen. Madonna,
Carolin Beil & es gibt immer mehr gut aussehende, erfol-
greiche Frauen, die einfach keinen Beschützer mehr brauchen.
In Amerika gibt es dafür eine Bezeichnung: Cougar. Bedeutet
Puma. Die Parallele liegt zum einen im silbrigen Fell des Pu-
mas (Silberlöwe) und zum andern in der Jagd (auf jüngere
Männer). Demi Moore und Ashton Kutcher (immerhin hat
diese Beziehung unfassbar lange gehalten), Madonna und Je-
sus Luz, Nena und ihr Philipp. Es gab schon einige, nicht
gleichaltrige Paare, deren Liebe sehr lange gehalten hat. Ich
befände mich also in bester Gesellschaft, wenn ich ihn denn
wollen würde. Diesen jüngeren Mann. Ich will ihn aber nicht.
Trotzdem folge ich ihm in die die S-Bahn, vom Hackeschen
Markt nach Wannsee. Ich verstehe mich nicht. Die Fahrt wird
zur Zeitreise. In eine ferne, unbekannte Welt. Wir sitzen uns
gegenüber und ich sehe ihn nicht an, erhasche nur ab und zu
einen Blick.
Berlin rauscht an mir vorbei und ich versuche, meine
Gedanken auf das Baby zu lenken.
Tobias wird ein großartiger Vater sein, daran zweifle ich nicht.
Aber ich zweifle an meinem Verstand. Was mache ich hier?
Daniel sieht mich an, als wäre ich zart und zerbrechlich. Und er
sagt nichts, und es stört mich nicht. Im Gegenteil. Ich fühle
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mich zart und zerbrechlich wie Liv Tyler als Elfenkönigin. Ein
verrücktes Gefühl.
Die S-Bahn hält am Savignyplatz. Ein kleines, blondes Mäd-
chen, ganz in Rosa, steigt mit seiner Mutter ein und lächelt
Daniel an. Und er lächelt zurück, macht Faxen, und spielt
plötzlich verrückt. Die Kleine lacht und auch ich kann mir ein
Schmunzeln nicht verkneifen.
Wie gut er bei kleinen Kindern ankommt. Aber leider bei jun-
gen, sehr schlanken und faltenfreien Müttern nicht minder!
Mein 39-jähriges Gesicht spiegelt sich in der schmutzigen
Scheibe, Graffities jagen vorbei, und ich frage mich ernstlich,
ob ich nicht nur die elfenfarbene Haut mit den Sommer-
sprossen, sondern auch die Veranlagung zum unschönen Dop-
pelkinn von meiner Oma Else väterlicherseits geerbt habe. Ir-
gendwie werden meine Sommersprossen von Jahr zu Jahr
zahlreicher. Und großflächiger. Sind das etwa Altersflecken?!
Was will dieser Kerl von mir? Mein Selbstbewusstsein ist
wieder bei einer schwächlichen fünf angelangt. Was unter an-
derem an dem miserablen Zustand meines geplagten Gewis-
sens liegen dürfte.
Daniel könnte doch eine Jüngere, länger Gebärfähige haben.
Aber nein, er will mir sein Sperma schenken! Und weiß es noch
nicht einmal.
 Ich weiß es , fängt Daniel mit ernster Miene an.
 Du & weißt es? Ich bin wirklich schockiert. Befinde ich mich
in einem dieser amerikanischen Filme, in denen der Held
Gedanken lesen kann?
 Ich weiß es einfach.
Charlottenburg rast an mir vorbei.
Die Sonne sticht, ich schwitze. Was nur werde ich Tobias
sagen? Dass ich bei Jacky war?
Da sie seit Stunden nicht an ihr Handy geht, ernenne ich sie
zum perfekten Alibi.
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 Ich fühle mich mit dir & wohl, auch wenn wir nicht reden ,
sagt er und streicht sich eine störrische Strähne aus dem
Gesicht.
Wieder sage ich nichts. Und spüre es. Ich fühle mich auch
wohl. Er nimmt meine Hand. Und meine Muskeln, die sie
zurückziehen könnten, versagen den Dienst.
Das blonde Mädchen grinst, seine Mutter lächelt.
Die S-Bahn fährt in Wannsee ein. [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]
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