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Ich ließ mein Halstuch fallen. Es ging los. Grace dachte nach. Ich konnte ihr fast ansehen, daß sie sich fragte, wie weit sie gehen sollte. In diesem Augen- blick liebte ich sie. Nein... ich liebte sie beide. »Du bist ein fettes, großmäuliges Weibsstück«, sagte Grace und sah Irma in die Augen. »Du stinkst. Das ist mein Ernst. Dein Körper stinkt. Du bist eine Laus.« »Gut«, sagte ich, als sie fertig war. »Gib ihr eine Ohrfei- ge.« Grace holte aus und schlug Irma mit der flachen Hand auf die Wange. Es klatschte. Graces Pullover rutschte aus dem Rock, als sie den Arm schwang. Corky Herald stieß einen ächzenden Laut aus. Irma schnaubte wütend. Ihr Kopf ruckte zurück, und ihr Gesicht verzerrte sich. Sie wirkte nicht mehr stur und prüde. Auf ihrer linken Wange war ein großer, roter Fleck. Grace warf den Kopf zurück, atmete tief durch und stand bereit da. Ihr Haar fiel über die Schultern, schön und perfekt. Sie wartete. »Irma als Vertreter der Anklage«, sagte ich. »Los, Ir- ma.« Irma atmete heftig. Ihr Blick war glasig und gekränkt, der Mund war empört verzogen. In diesem Augenblick sah sie nicht wie ein braves Kind aus. »Hure«, sagte sie schließlich, offenbar entschlossen, auf das erfolgreiche Schlagwort zu bauen. Ihre Oberlippe 100 hob sich, fiel hinab und hob sich von neuem wie die eines Hundes. »Hure, die sich von dreckigen Jungen ficken läßt.« Ich nickte ihr zu. Irma grinste. Sie holte weit aus, und ihre Hand knallte Grace seitlich ans Gesicht. Es gab ein lautes Klatschen. »Au!« stöhnte jemand. Grace behielt das Gleichgewicht. Ihre rechte Gesichts- hälfte wurde rot, doch Grace fiel trotz der Wucht des Schlages nicht um. Statt dessen lächelte sie Irma an. Und Irma zuckte zusammen. Ich sah es und konnte es kaum glauben. Ich warf einen schnellen Blick zum Publikum. Sie wa- ren gebannt, wie hypnotisiert. Sie dachten nicht an Mr. Grace oder Tom Denver oder Charles Everett Decker. Sie beobachteten angespannt, und was sie sahen, war viel- leicht ein kleiner Einblick in ihre eigenen Seelen, der ihnen aus einem zersprungenen Spiegel entgegenblitzte. Es war prächtig. Es war wie frisches Gras im Frühjahr. »Revanche, Grace?« fragte ich. Grace zog die Lippen von ihren kleinen Elfenbeinzäh- nen. »Du hattest nie eine Verabredung mit einem Jungen. Das ist dein Problem. Du bist häßlich. Du riechst schlecht. Und so bleibt dir nur übrig, dir Gedanken darüber zu machen, was andere Leute tun, und du mußt in deiner Fantasie alles schmutzig machen. Du bist eine Wanze.« Ich nickte ihr zu. Grace holte aus, und Irma zuckte zurück. Der Hieb streifte sie nur, doch sie begann plötzlich hoffnungslos zu weinen. »Laß mich raus«, stöhnte sie. »Ich will nicht mehr, Charlie. Laß mich raus!« »Nimm zurück, was du über meine Mutter gesagt hast«, verlangte Grace grimmig. 101 »Deine Mutter lutscht Fimmel!« schrie Irma. Ihr Ge- sicht war verzerrt; ihre Toilettenpapierrollen-Locken hüpften wie verrückt. »Gut«, sagte ich. »Mach weiter, Irma!« Doch Irma begann hysterisch zu weinen. »Mein Gott...« schrie sie. Sie hob die Arme und bedeckte das Gesicht mit den Händen. »Gott, ich möchte tot sein...« »Sag, daß es dir leid tut«, forderte Grace grimmig. »Nimm es zurück.« »Du lutschst Fimmel!« schrie Irma hinter dem Schutz ihrer Hände hervor. »Okay«, sagte ich. »Gib's ihr, Irma. Die letzte Chan- ce.« Diesmal holte Irma noch weiter aus. Ich sah, wie Grace die Augen zu Schlitzen zusammenkniff und wie sich die Muskeln an ihrem Nacken spannten. Doch die Kinnpar- tie fing das meiste des Schlags ab, und Graces Kopf zuckte nur leicht zur Seite. Dennoch war die ganze Ge- sichtshälfte rot wie von einem Sonnenbrand. Irmas Körper bebte unter ihrem Schluchzen, das aus einer tiefen Quelle zu sprudeln schien, die noch nie an- gezapft worden war. »Du hast von der Natur nichts mitbekommen«, sagte Grace. »Du bist nichts. Nur ein fettes, stinkendes Schwein bist du.« »He, gib's ihr!« brüllte Billy Sawyer. Er schlug mit beiden Fäusten auf sein Pult. »Mach sie fertig!« »Du hast nicht mal irgendwelche Freunde«, sagte Grace schwer atmend. »Warum lebst du überhaupt?« Irma stieß ein dünnes Wimmern aus. »Fertig«, sagte Grace zu mir. »Okay«, erwiderte ich. »Gib's ihr.« Grace holte aus, und Irma schrie auf und fiel auf die 102 Knie. »Schl-sch-schlag mich nicht. Schlag mich nicht mehr! Rühr mich nicht an!« »Sag, daß es dir leid tut.« »Das kann ich nicht.« Sie schluchzte auf. »Weißt du nicht, daß ich das nicht kann?« »Du kannst es. Und du solltest es besser tun.« Einen Augenblick lang war nur das Ticken der Uhr an der Wand zu hören. Dann schaute Irma auf, und Graces Hand zuckte hinab, erstaunlich schnell, und klatschte auf Irmas Wange. Es klang wie ein Schuß aus einer .22er Pistole. Irma fiel auf eine Hand, und ihre Locken hingen ihr vors Gesicht. Sie atmete heftig und keuchend und schrie: »Okay! Schon gut! Es tut mir leid!« Grace trat zurück. Ihr Mund war halb geöffnet und feucht, und sie atmete schnell und flach. Sie hob die Hände mit den Handflächen nach außen in einer sonder- bar sanften Geste und strich sich das Haar von den Wan- gen. Irma blickte benommen und ungläubig auf. Sie müh- te sich wieder auf die Knie, und für einen Moment dachte ich, sie würde anbieten für Grace zu beten. Dann begann sie zu weinen. Grace blickte zur Klasse und dann zu mir. Ihre Brüste waren straff und stießen gegen die weiche Wolle ihres Pullovers. »Meine Mutter bumst«, sagte sie, »und ich liebe sie.« Der Applaus begann irgendwo hinten im Klassenzim- mer, vielleicht bei Mike Gavin oder Nancy Caskin. Er setzte jedenfalls ein und verstärkte sich, bis alle Beifall klatschten, alle außer Ted Jones und Susan Brooks. Susan wirkte zu überwältigt, um zu applaudieren. Sie sah Grace Stanner entzückt an. Irma kniete auf dem Boden und preßte die Hände vors 103 Gesicht. Als der Beifall verklang (ich hatte zu Sandra Cross geschaut; sie applaudierte sehr sanft, wie in Tran- ce), sagte ich: »Steh auf, Irma!« Sie nahm die Hände vom Gesicht und sah mich mit Tränen in den Augen an, als wäre sie wie Sandra in einem Traum gewesen. »Laß sie in Ruhe«, sagte Ted und betonte jedes Wort. »Hält's Maul«, rief Harmon Jackson, »Charlie macht das schon richtig.« Ted drehte sich um und sah ihn an. Doch Harmon hielt [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ] |
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